Wie Hunde lernen: ein Überblick

Unsere Hunde sind intelligente Wesen, die immer und überall lernen. Sie lernen also nicht nur dann, wenn wir bewusst mit ihnen trainieren, sondern auch einfach so im Alltag. Wir stellen die wichtigsten Lernformen vor.

Hunde passen sich durch Lernen an ihre Umwelt an

Lernen ist bei allen Lebewesen ein Erfahrungsprozess, der zu einer Verhaltensänderung führt. Diese kann mehr oder weniger dauerhaft sein. Sie hat aber immer dasselbe Ziel: Bedürfnisse sollen bestmöglich erfüllt und Schäden möglichst vermieden werden. Durch das Lernen passen sich Hunde also bestmöglich an ihre Umwelt an.

Klassische Konditionierung

Ein Reiz wird mit einem anderen Reiz verknüpft. Zwei Beispiele: Wenn es an der Tür klingelt, ist der Hund aufgeregt, weil dann meistens etwas Besonderes passiert. Wenn wir das Geschirr in die Hand nehmen, erwartet er, dass wir rausgehen.

Operante Konditionierung

Hier lernt der Hund aus den – angenehmen oder unangenehmen – Konsequenzen seines Verhaltens. Diese Lernform nutzen wir wie die klassische Konditionierung häufig im Training, findet aber auch im Alltag spontan statt.

> Unten erfährst du mehr dazu. 

Soziales Lernen

Der Hund imitiert das Verhalten eines Artgenossen oder Menschen. Dies geschieht entweder durch Stimmungsübertragung oder bei komplexeren Verhaltensweisen durch kognitives Verständnis und gezieltes Nachahmen. Achtung: Den Hund für unerwünschtes Verhalten zu strafen ist kein soziales Lernen, wie das aversive Trainer öfters behaupten. 

Gewöhnung (Habituation)

Gewöhnung findet unbewusst statt und bedeutet, dass ein Reiz an Bedeutung verliert. Ein Beispiel ist der Strassenlärm, den der Hund über die Zeit immer weniger wahrnimmt. Wichtig: Eine Gewöhnung kann nur stattfinden, wenn keine negativen Emotionen wie Angst oder Stress vorhanden sind.

Sensibilisierung

Sensibilisierung ist das Gegenteil der Gewöhnung: Die Bedeutung eines Reizes nimmt über die Zeit zu. Ein Beispiel ist die Angst vor Gewitter oder Feuerwerk. Gerade wenn Stress und Angst im Spiel sind, tritt die Sensibilisierung sehr häufig und sehr schnell ein.

Generalisierung

Hunde verknüpfen bei für sie bedeutenden Ereignissen rasch den Kontext wie anwesende Personen, Orte oder Gerüche. Es kann deshalb sein, dass das Signal «Sitz» daheim perfekt funktioniert, draussen aber nicht. Anders gesagt: Damit Hunde ein Verhalten «überall» zeigen können, müssen wir es in verschiedenen Bedingungen und an verschiedenen Orten mit ihnen üben. 


"Do as I do" - Beispiel für soziales Lernen


Klassische Konditionierung und Gegenkonditionierung

Bei der klassischen Konditionierung werden zwei Reize, die vom Hund ganz kurz nacheinander (ca. eine halbe Sekunde) wahrgenommen werden, miteinander verknüpft. Dies kann spontan oder aufgrund bewussten Trainings passieren und erwünscht oder unerwünscht sein.

Beispiele für spontane Konditionierung:

  • Der Mensch geht zur Tür und nimmt die Leine in die Hand, der Hund weiss «jetzt geht’s raus».
  • Der Hund hört die Türklingel. Da dann meistens Besuch kommt, hat er hat diese mit Aufregung verknüpft und beginnt zu bellen.  

Beispiele für Training mittels Konditionierung:

  • Ich baue ein Markerwort auf, indem unmittelbar danach ein Leckerli folgt.
  • Ich trainiere den Rückruf, indem mein Hund, wenn er zu mir kommt, eine super Belohnung erhält (Schlecktube, Zergel o.ä.).

Wenn bereits eine negative Emotion mit einem Reiz verknüpft ist, können wir die klassische Konditionierung nutzen, um die emotionale Reaktion zu verändern. Wir sprechen dann von Gegenkonditionierung.

Beispiele für Gegenkonditionierung:

  • Wenn ein anderer Hund sichtbar wird, springt der Hund in die Leine und bellt, weil er Angst hat. Wir verknüpfen den Reiz «Hund» durch Training neu mit etwas Positivem wie Futter oder Spiel. Sobald er einen Hund sieht, gibt es also etwas super Attraktives. 
  • Wir verknüpfen im Medical Training gezielt unangenehme Berührungen oder Handlungen mit etwas Angenehmem wie Futter.

Klassische Konditionierung findet immer statt. Bei unerwünschtem Verhalten oder Angst/Stress bei gewissen Reizen lohnt es sich immer zu überlegen, wie es dazu gekommen ist und ob man gezielt «gegenkonditionieren» könnte. Dies setzt die Basis für weiteres Training, weil die zugrundeliegende Emotion verändert wird. 


Operante Konditionierung

Der Hund lernt aus den Konsequenzen seines Verhaltens. Sind die Konsequenzen angenehm, wird das Verhalten häufiger. Sind die Konsequenzen unangenehm, wird das Verhalten seltener. Mit anderen Worten: Was sich lohnt, wird zukünftig häufiger gezeigt. Was sich nicht lohnt, wird zukünftig weniger oft gezeigt.

Kodex FAIRPLAY MIT HUND 2025

«Wir arbeiten auf Basis der positiven Verstärkung. Negative Strafe wird kurzzeitig und auf möglichst niedrigem Frustrations- und Stressniveau eingesetzt. Falls negative Verstärkung eingesetzt wird, wird der potenziell unangenehme Reiz in möglichst geringer Intensität präsentiert (z.B. Vergrösserung der Distanz zu einem angstauslösenden Reiz). Aus lernbiologischen und ethischen Gründen verzichten wir auf den gezielten Einsatz von positiver Strafe.»


Es gibt 4 Quadranten der operanten Konditionierung:

Positive Verstärkung:

Der Hund erhält für sein Verhalten eine Belohnung (= Verstärker). Das Verhalten tritt in der Folge häufiger auf. Verknüpfte Emotion: Freude. 

Negative Verstärkung:

Um ein erwünschtes Verhalten zu verstärken, nehmen wir einen unangenehmen Reiz weg. Das Verhalten tritt in der Folge häufiger auf. Verknüpfte Emotion: Erleichterung (darüber, dass das Unangenehme aufgehört hat). 

 

Positive Strafe:

Nach einem unerwünschten Verhalten fügen wir etwas Unangenehmes hinzu. Das Verhalten tritt künftig weniger oft auf. Verknüpfte Emotion: Unsicherheit, Angst, Stress.

 

Negative Strafe:

Nach einem unerwünschten Verhalten enthalten wir dem Hund etwas, das er gerne haben möchte, vor oder nehmen es weg. Das Verhalten tritt in der Folge weniger oft auf. Verknüpfte Emotion: Frust.



Die Gefahren von Schmerz- und Schreckreizen im Training

Aus ethischen Gründen lehnt FAIRPLAY MIT HUND den Einsatz positiver Strafe ab. Diese hat zudem gefährliche Nebenwirkungen: 

  • Es kann zu (schlimmen) Fehlverknüpfungen kommen. So verknüpft der Hund die Strafe unter Umständen mit seinem Menschen oder mit etwas, was er gerade wahrnimmt (Hund, Kind, Auto etc.).
  • Strafe liefert dem Hund keine Information über das erwünschte Verhalten.
  • Strafe führt zu Kontrollverlustgefühlen, Angst und Stress, was alles nicht förderlich ist für das Lernen und die Bindung zum Menschen.

Unser Kodex für Hundetrainer:innen

Wir haben einen Kodex für Hundetrainer:innen entwickelt, der definiert, wie Training nach FAIRPLAY MIT HUND gestaltet ist und welche Hilfsmittel erlaubt sind.

 

Hundetrainer:innen können sich freiwillig dazu verpflichten, diesen Kodex einzuhalten.



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